Besitzen auch Sie eine oder gar mehrere kapitalbildende Lebensversicherungen? Dann sollten Sie besser heute als morgen über eine mögliche Kündigung nachdenken. Denn die einst hochgelobte und mit Garantieversprechen verkaufte Altersvorsorge birgt ein ernst zu nehmendes Risiko für Ihr Vermögen. Sollte die Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank weiter andauern, drohen insbesondere kapitalschwache Lebensversicherungen in Schieflage zu geraten, mit nicht zu unterschätzenden Folgen für Ihr Vermögen.
Diese Warnung sollten Sie durchaus ernst nehmen, denn diese Meinung vertreten renommierte Institutionen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), eine bei der Europäischen Zentralbank angesiedeltes Gremium zur Überwachung der Finanzstabilität. Deren Analysen gehen sogar noch weiter. Sie gehen davon aus, dass wenn in absehbarer Zeit keine Änderung in Form von Regulierungen oder aber einer geänderten Notenbankpolitik erfolgt, Lebensversicherer zum Auslöser der nächsten Finanzmarktkrise werden könnten mit verheerenden ökonomischen Folgen für die Stabilität der Finanzmärkte.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht in den Lebensversicherungen eine der größten Gefahren für die Stabilität des europäischen Finanzsystems. Dies gelte insbesondere für Gesellschaften aus Deutschland und Schweden. Aufgrund der gestiegenen Risiken fordert der IWF eine strengere Regulierung der Produkte und eine bessere Aufsicht, um eine Schädigung der Kunden zu vermeiden.
Die Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) findet klare Worte: In ihrem jüngsten Unternehmens- und Finanzausblick warnt die OECD davor, dass das Niedrigzinsumfeld einzelne Unternehmen von Lebens- und Rentenversicherungen in die Insolvenz treiben könnte. Damit die Lebensversicherungen ihre Versprechen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld halten können, müssten die Gesellschaften auf ertragsstärkere und damit riskantere Anlagen ausweichen. „Diese Strategien bergen nach Auffassung der OECD hohe Risiken“, warnt die Organisation.
Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board (ESRB)), warnt eindrücklich vor Risiken durch kapitalschwache Lebensversicherer. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken fordert eine EU-weite Auffanglösung für Lebensversicherer. Nationale Lösungen wie Protektor in Deutschland seien nicht ausreichend. Am meisten bedroht seien die Gesellschaften in Deutschland, Schweden, Österreich und den Niederlanden.
Warum sind Lebensversicherungen eine der größten Gefahren für die Stabilität des europäischen Finanzsystems?
Allein in der Europäischen Union (EU) sind ca. 4,4 Billionen Euro in Lebensversicherungen angelegt. Dies entspricht einem Anteil von 53 Prozent des Bruttoinlandprodukts der EU. In Deutschland allein gibt es mehr als 60 Millionen Kapitallebensversicherungen mit einer Versicherungssumme von rund 800 Milliarden Euro. Zudem halten Versicherer in der EU ein Drittel aller gehandelten Anleihen.
Viele Lebensversicherer sind so groß und so vernetzt, so dass Sie als systemrelevant betrachtet werden müssen. Deshalb befürchten die o.g. Organisationen, dass eine Krise der Lebensversicherer das gesamte Finanzsystem anstecken könnte. Die Folge wäre eine erneute schwere Finanzkrise.
Wieso spielen Lebensversicherungen mit Ihrem Leben?
Selbst wenn der Garantiezins für Neuabschlüsse heute nur noch bei 1,25 Prozent liegt (Stand 1.1.2015), so kämpfen dennoch Lebensversicherungen mit Ihren Altlasten. Der Grund, 21 Prozent aller bestehenden Lebensversicherungen sind mit einem Garantiezins von vier Prozent abgeschlossen worden. Weitere 20 Prozent mit einem von 3,5 Prozent. Damit entfallen gute 40 Prozent des Bestandsvolumens von Lebensversicherern auf sogenannte Altverträge mit hohen Garantieversprechen. Über allen Verträgen liegt der Garantiezins. Dieser beträgt bei deutschen Lebensversicherungen im Schnitt 3,2 Prozent (Stand 2015).
Aufgrund ihrer Anlagepolitik haben Lebensversicherungen den größten Teil ihrer Gelder in europäischen Staatsanleihen mit hoher Bonität angelegt. Durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) werfen diese Papiere aber kaum noch Erträge ab. Beispielsweise erzielen zehnjährige Bundesanleihen nur noch Renditen nahe null Prozent. Laufen die vor zehn Jahren gekauften, hoch verzinsten Bundesanleihen aus, müssen diese durch niedrig verzinste Staatsanleihen ersetzt werden, so dass die Differenz zwischen Garantieversprechen und Erträgen im Zeitablauf immer größer wird. Jedem wird sofort klar, dass ein solches Geschäftsmodell so auf Dauer nicht funktionieren kann. Deshalb muss heute schon jede zweite Versicherung Teile Ihrer Lebensversicherungssparte über andere Bereiche subventionieren. Eine Situation, die auf Dauer insbesondere für kapitalschwache Gesellschaften zu einer existenzbedrohenden Belastung wird, mit einem hohen Ansteckungspotential für die gesamte Finanzwelt.
Die Finanzexperten fordern eine EU-weite Auffanglösung für den Fall, dass der anhaltende Niedrigzins mehrere Anbieter ins Straucheln bringt.
Auch die Deutsche Bundesbank ist alarmiert. Das zeigt das in Auftrag gegebene Diskussionspapier Nr. 27/2014. Hierbei wurde untersucht, inwiefern die Auffangmechanismen der Versicherungsbranche in unterschiedlichen Stressszenarien reagieren und mit welchen Maßnahmen Versicherer mögliche Ausfallwahrscheinlichkeiten positiv beeinflussen könnten.
Im Ergebnis zeigt diese Analyse, dass ein lang anhaltendes Niedrigzinsumfeld den Sicherungsfonds Protektor, der in Schieflage geratene Versicherungen auffangen soll, gegebenenfalls überfordern könnte.
Während bei einfachen Stressszenarien Protektor als Auffanggesellschaft kleine Fehlbeträge auffangen könnte, sogar, wenn die Beiträge von den insolventen Unternehmen ausfallen, so sieht dies bei einem „milden Stressszenario“, in dem niedrige Renditen simuliert werden, wie sie in Japan längere Zeit vorherrschten, schon anders aus. Demnach könnten zwölf Lebensversicherer, die immerhin zusammen in Deutschland einen Marktanteil von rund 14% ausmachen, bis zum Jahr 2023 die Eigenmittelanforderungen von Solvency I nicht mehr erfüllen. Unter verschärften Stressbedingungen, insbesondere dann, wenn auch die Renditen auf andere Anlagen verstärkt unter Druck gerieten, würden 32 Unternehmen die Eigenmittelanforderungen nicht mehr erfüllen. Dies weist auf ein hohes Gefährdungspotenzial für die Solvabilität der Lebensversicherungsbranche hin.
Eine mögliche Lösung, um auf ein lang anhaltenden Niedrigzinsumfelds zu reagieren ist laut Diskussionspapier Nr. 27/2014 der Deutsche Bundesbank der Verzicht von Ausschüttungen an die Anteilseigner. Dieser führt zu erheblichen positiven Einflüssen in Bezug auf die Ausfallwahrscheinlichkeit von Lebensversicherungen. Mit anderen Worten, die erwarteten Renditen für Anleger sollen sinken und dadurch werden Versicherungsnehmer de facto enteignet.
Doch wie ist so etwas überhaupt möglich? Schließlich sind einmal abgeschlossene Verträge bekanntlich einzuhalten?
Ein Enteignungsgesetz im deutschen Versicherungsrecht soll in Schieflage geratene Versicherungen schützen!
Zu den weniger bekannten Paragrafen im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gehört einer, der im Falle einer Krise die Versicherungswirtschaft vor dem totalen Zusammenbruch bewahren soll. In diesem Paragraphen ist die Möglichkeit enthalten, im Krisenfall die Auszahlungen von Lebensversicherungen teilweise oder ganz zu unterbinden. Anwendung findet diese gesetzliche Grundlage dann, wenn die deutschen Versicherungsgesellschaften und der Staat selbst in eine massive Notlage geraten.
Zu beachten ist, dass der Eingriff in Ihre vermögensbildenden Verträge übrigens rückwirkend geltend gemacht werden kann, auch wenn Ihr Vertrag selbst andere Klauseln enthält oder es sich um fondsgebundene Versicherungsverträge handelt. Denn selbst bei fondsgebundenen Verträgen wird Ihnen trotz Sondervermögen eine Scheinsicherheit vermittelt, die Ihnen nicht helfen wird.
Das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) regelt die staatliche Beaufsichtigung der Versicherer, also jedes Marktteilnehmers, der Versicherungsgeschäfte betreibt.
§ 314 VAG Zahlungsverbot – Herabsetzung von Leistungen
(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, innerhalb bestimmter Fristen eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen.
Alle Arten von Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungsabrechnungssystemen, Wertpapierliefersystemen und Wertpapierabrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten sind entsprechen anzuwenden.
(2) Unter der Voraussetzung nach Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen, insbesondere, wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer Gruppe als in einer anderen Gruppe begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt; ist dies nicht möglich, werden die Versicherungssummen unmittelbar herabgesetzt.
Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens (§ 125 Abs. 6) beschränkt werden.
Was bedeutet das für Sie als Versicherungsnehmer?
Obwohl Sie weiter verpflichtet sind Ihre Beiträge zu zahlen, kann die Aufsichtsbehörde, wenn es besondere Umstände rechtfertigt, entscheiden, dass diese Ihre Ansprüche aus Ihrer Lebensversicherung einseitig herabsetzt. Auch können alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, zeitweilig verboten werden. Was nichts anderes bedeutet, dass Sie zumindest temporär nicht mehr an Ihr Vermögen kommen.
Hätten Sie unter diesen Voraussetzungen eine Lebensversicherung als Altersvorsorge gewählt? Sicherlich nicht.
Diese Kontroll- und Eingreifmöglichkeiten bei Versicherungsunternehmen gem. der europäischen Solvency II-Richtlinie stehen der Bafin ab 01.01.2016 zur Verfügung, um eine Insolvenz zu vermeiden:
Die Aufsicht setzt sich auf informellem Weg mit dem Versicherer zusammen und versucht gemeinsam Lösungen zu finden, um die Versicherung aus der Krise zu führen.
Die Bafin fordert die Versicherung auf einen Sanierungsplan zu erstellen. Dieser Plan wird zusammen mit der Bafin erarbeitet und muss Auskunft geben, wie der Versicherer seine Eigenmittel aufstocken wird oder sein Risikoprofil senken will. Weitere Maßnahmen sind das Senken der Betriebskosten, eine Anpassung der Anlagestrategie oder eine Neuausrichtung der Rückversicherungspolitik.
Ein Finanzierungsplan als nächster Schritt führt dazu, dass Muttergesellschaften verpflichtet werden, Gelder nachzuschießen bzw. die Aktionäre auf Ausschüttungen verzichten müssen. Darüber hinaus kann die Aufsichtsbehörde zeitweise alle Arten von Zahlungen verbieten. Dazu zählen insbesondere Versicherungsleistungen und Gewinnverteilung. Bei Lebensversicherungen kann insbesondere der Rückkauf, die Beleihung oder Vorauszahlungen untersagt werden.
Führen die zuvor beschriebenen Maßnahmen zu keinem Erfolg, kann die Bafin anordnen, dass Leistungen aus den Versicherungsverträgen dem Vermögenstand entsprechend herabgesetzt werden. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren und beispielsweise Altverträge mit einem hohen Garantiezins zuerst berücksichtigen. Auch die Übertragung des Bestandes an den Sicherungsfonds Protector ist eine Möglichkeit.
Den Letzten beißen die Hunde!
Wer glaubt es kann nicht mehr schlimmer kommen, der irrt. Denn nicht nur bei anhaltend niedrigen Zinsen sind Lebensversicherungen gefährdet, sondern auch steigende Zinsen sind nach einer Studie der Deutschen Bundesbank ein Anlass zur Sorge. Mehr noch, in einer Ausarbeitung zu diesem Diskussionspapier kommen die beiden Forscher Mark Feodoria (Universität Kiel) und Till Förstemann (Bundesbank) zu dem Ergebnis, dass ein Anstieg der Zinsen um gut zwei Prozentpunkte die Versicherungsunternehmen in große Schwierigkeiten bringen könnte.
Die beiden Forscher sind der Auffassung, dass bei steigende Zinsen viele Versicherungskunden ihre Policen, die sie in den vergangenen Jahren zu schlechten Zinskonditionen abgeschlossen haben, wieder kündigen könnten, um im Gegenzug ihr Geld höher verzinslich bei einer Bank anzulegen.
Die Versicherer bleiben in der Folge auf Ihren in der Niedrigzinsphase erworbenen festverzinslichen Papieren mit langen Laufzeiten sitzen und müssen aufgrund des Zinsänderungsrisikos noch Kursverluste hinnehmen. Damit würde es für sie immer schwieriger, ihre Garantieverpflichtungen aus den hochverzinsten Altverträgen zu erfüllen, weil als Folge weniger Kapital für die Anlage zur Verfügung steht. Die Folge: Der Kapitalpuffer der Versicherer reduziert sich und die Bewertungsreserven der Versicherer nehmen ab. Die Studie kommt zu dem Ergebnis: „Das Aggregat größerer deutscher Lebensversicherer wäre Ende 2013 bei einem Zinsanstieg von mehr als 2,1 Prozentpunkten von einem Ruin bedroht gewesen.“
Eine ausweglose Situation: Denn sowohl bei steigenden als auch gleichbleibend niedrigen bzw. weiter fallenden Zinsen werden Lebensversicherungen zu einer tickenden Zeitbombe.
Ein weiterer Belastungsfaktor für Lebensversicherungen ist neben der Zinsentwicklung das kontinuierlich zunehmende Misstrauen der Kunden. Eine Kündigungswelle könnte die ganze Branche destabilisieren. Allein in 2014 wurden deutschlandweit Verträge im Wert von 15 Milliarden Euro storniert. Sollte sich diese Entwicklung weiter beschleunigen, wird dies zusätzlich die Lebensversicherungsbranche belasten. Die Ertragslage der Lebensversicherer wird sich weiter verschlechtern und eine Abwärtspirale setzt sich in Gang. Geraten eine oder mehrere Versicherungen in Schieflage kann das oben beschriebene Szenario real werden und § 89 VAG könnte in Kraft treten.
Sind fondsgebundene Versicherungen auch in Gefahr?
Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen sind die Kapitalanlagen gem. § 54b i.V.m. § 66 VAG in dem Anlagestock, einer eigenen Abteilung des Sicherungsvermögens, in den betreffenden Werten anzulegen. Obwohl die Fondsanteile Sondervermögen sind, befinden Sie sich im Besitz des Versicherers und nicht dem Kunden.
Demnach kann der Versicherungsnehmer keine Aussonderung der Fondsanteile aus der Insolvenzmasse der Versicherungsgesellschaft geltend machen.
Die Versicherungsgläubiger (Versicherungsnehmer, Versicherte, Begünstigte oder geschädigte Dritte) haben gem. § 77a VAG im Fall der Insolvenz des Versicherers in Höhe ihres Anteils am Mindestumfang des Sicherungsvermögens ein Vorrecht auf Befriedigung vor allen anderen Gläubigern. Die Berechtigten haben untereinander gleichen Rang. Die Fondsanteile aus dem Anlagestock als einer eigenen Abteilung des Sicherungsvermögens kommen bei der Verteilung jedoch nur den Versicherungsgläubigern aus fondsgebundenen Versicherungen und nicht den übrigen Versicherungsgläubigern zugute, d.h. sie haben im Fall der Insolvenz ein „verselbständigtes Schicksal“.
Ist bei einer Insolvenz die Verteilungsmasse geringer als die Gesamtheit der Ansprüche, was vor allem im Hinblick auf die Kosten und Auslagen des Verfahrens der Fall sein kann, dann muss das Defizit von allen Bevorrechtigten getragen werden. In Höhe des Ausfalls bestehen dann nur einfache Insolvenzforderungen, die aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sind. Wird also tatsächlich ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Versicherers eröffnet, ist somit nicht gewährleistet, dass es zur Auszahlung sämtlicher Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag kommt.
Zu berücksichtigen ist, dass eine Insolvenz von Versicherungsunternehmen möglichst vermieden werden soll. Daher eröffnet § 314 VAG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Möglichkeit, im Interesse der Versicherungswirtschaft ohne Beteiligung der Gläubiger ein eigenständiges Sanierungsverfahren durchzuführen und unter den dort genannten Voraussetzungen trotz Vorliegen eines Insolvenzgrunds zunächst von der Stellung eines Insolvenzantrags abzusehen. Die Bafin hat dann die Möglichkeit, die Verpflichtungen aus Lebensversicherungsverträgen (endgültig) dem Vermögensstand des Versicherers entsprechend herabzusetzen. Dies muss nicht den gesamten Versicherungsbestand erfassen, sondern kann sich auch auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens beschränken (wenn bei den anderen Abteilungen die Deckungsrückstellungen voll gedeckt sind). Die Herabsetzung ist an keine untere Grenze gebunden. Eine Ausnahme für fondsgebundene Versicherungen ist nicht vorgesehen (beispielsweise könne die BaFin m.E. z.B. die Rentenfaktoren herabsetzen oder einen prozentualen Abschlag vom Fondsguthaben verfügen). Die Pflicht des Versicherungsnehmers zur Weiterzahlung der Beiträge in der bisherigen Höhe wird durch die Herabsetzung nicht berührt.
Die BaFin hat gem. § 125 VAG auch die Möglichkeit, zur Vermeidung eines förmlichen Insolvenzverfahrens eines Lebensversicherers die Übertragung eines Versicherungsbestands auf den Sicherungsfonds (Protektor Lebensversicherungs-AG) anzuordnen, sofern das betreffende Versicherungsunternehmen Mitglied des Sicherungsfonds ist und sofern andere Maßnahmen zur Wahrung der Belange der Versicherten nicht ausreichend sind. Die übergegangenen Versicherungsverträge werden dann vom Sicherungsfonds fortgeführt und – soweit möglich – saniert. Die Ansprüche auf sämtliche vertraglich garantierten Leistungen sowie auf die in der Vergangenheit zugeteilten Überschussanteile bleiben unberührt. Hierbei gibt es jedoch folgende Einschränkungen:
- Bis die Sanierung des übernommenen Vertragsbestandes durch den Sicherungsfonds abgeschlossen ist, werden den Versicherten keine neuen Überschüsse zugeteilt (§ 125 Abs.4 VAG). Erst nach Abschluss der Sanierung werden Überschüsse wieder nach den allgemeinen Vorschriften deklariert.
- Reichen die Mittel des Sicherungsfonds nicht aus, um die Fortführung der Verträge zu gewährleisten, werden bei Lebensversicherungsunternehmen die Verpflichtungen aus den Verträgen um maximal 5% der vertraglich garantierten Leistungen herabgesetzt.
- Die BaFin kann Anordnungen treffen, um einen außergewöhnlichen Anstieg der Zahl vorzeitiger Vertragsbeendigungen zu verhindern, da eine hohe Zahl von Rückkäufen die Sanierung des übernommenen Versicherungsbestandes erschwert. Zu diesem Zweck kann sie z.B. ein zeitweiliges Kündigungsverbot aussprechen.
Gerät ein Lebensversicherungsunternehmen in Schieflage und kann seine Zahlungsverpflichtungen auf Dauer nicht mehr erfüllen, ist auch bei fondsgebundenen Versicherungen in jedem Fall mit einer Leistungskürzung zu rechnen. Fraglich ist zudem, was bei gleichzeitiger Insolvenz mehrerer Versicherungsunternehmen geschieht, wenn auch die von den Versicherern bis zu einer bestimmtem Maximalhöhe an Protektor zu zahlenden Sonderbeiträge trotz Herabsetzung der Versicherungsleistung für eine Sanierung sämtlicher Versicherungsverträge nicht ausreichen. Für diesen Fall wäre m.E. davon auszugehen, dass weitere Leistungskürzungen erfolgen.
Sind das gute Gründe, warum Sie heute über eine Kündigung Ihrer Lebensversicherungen nachdenken sollten?
Wir meinen schon. Zumindest sollten Sie die Kapitalkraft und die Renditen Ihrer Lebensversicherungen kennen und sich von kapitalschwachen Lebensversicherungen distanzieren.
Möchten Sie Alternativen kennenlernen, wie Sie Ihr Vermögen sicher durch unsichere Zeiten bringen, dann rufen Sie unter der 06861/709156 an oder senden uns eine E-Mail.
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